Tech-Milliardär Elon Musk ist seit Oktober 2022 neuer Chef bei Twitter. Schon nach wenigen Wochen machen Massenentlassungen, verärgerte Nutzer:innen sowie Umsatzeinbrüche des Unternehmens Schlagzeilen. Die Einführung von bezahlten Verifikationssymbolen stifteten erhebliche Verwirrung und brachte Twitter eine deutliche Warnung der amerikanischen Verbraucherschutzbehörde ein. Auch die Ankündigung, weniger Community Management zu betreiben, um Meinungsfreiheit zu gewährleisten, birgt die Gefahr, dass Twitter zu einem noch feindseligeren Ort wird.
Der free speech Absolutist Musk gibt immer wieder an, dass die Gewährleistung der Meinungsfreiheit für ihn höchste Priorität habe und grundlegend für eine funktionierende Demokratie sei. Weil er der Auffassung ist, dass auf der Plattform Twitter bisher zu viel moderiert, gelöscht und gesperrt wurde, beschloss er, das Unternehmen zu kaufen und grundlegend zu reformieren. Dabei bleibt fraglich, was zukünftig mit Posts, die Hass schüren, Gewalt androhen, belästigend sind oder Desinformation verbreiten, passiert. Denn nach Musks Philosophie soll vieles davon zukünftig nicht mehr moderiert werden. Übliche Instrumente der Content Moderation sind die Löschung und das Sortieren von Inhalten, der Ausschluss von Nutzer:innen sowie die Kennzeichnung von gefährlichen, gewaltverherrlichenden und irreführenden Inhalten.
Social-Media Plattformen machen sich mit ihren Community Standards (Nutzungsbedingungen) und dem Content Management zu Regelmachern, Regeldurchsetzern und Richtern zugleich. Durch algorithmische Steuerung schaffen sie Kommunikationsräume, die der Aufmerksamkeitsökonomie unterworfen sind. Sie würden so die Meinungsfreiheiten in unverhältnismäßigem Maße einschränken und einen zu großen Einfluss auf die Meinungsbildung der Gesellschaft ausüben.
Rechtlich durchaus sehr problematisch ist die Löschung von rechtmäßigen Beiträgen, also solchen, die nicht gegen ein Strafgesetz oder Rechte Dritter verstoßen. Wenn soziale Netzwerke auch jenseits von gesetzlichen Verboten Inhalte löschen, weil sie von den Diensten als Hassrede oder Desinformation klassifiziert werden, so besteht Anlass zur Diskussion über unrechtmäßige Einschränkung der Meinungsfreiheit. Das gleiche gilt beim Einsatz des härtesten Sanktionsinstruments, der Nutzersperrung, wie beim ehemaligen US-Präsident T…