„Ich wusste nicht so recht, was ich mit einem Jungen anstellen sollte“
„Als ich beim ersten Kind sofort geplant schwanger wurde, hatten wir beide von Anfang an das Gefühl, dass es ein Mädchen wird. Ich kann gar nicht sagen, warum, aber die Vorstellung war einfach da. Unsere kleine Anna ;-)…
Der große Bruder für die kleine Schwester
Wir haben einen Prenataltest machen lassen, das Geschlecht erfuhr ich bei der Frauenärztin. Ich weiß noch, wie sie mich fragte, ob ich das Geschlecht wissen will und ich dachte: „Brauchst du mir nicht sagen. Ich weiß eh, dass es ein Mädchen ist.“
Als sie dann sagte, es sei ein Junge, bin ich aus allen Wolken gefallen. Ich musste mich stark zusammenreißen und habe auf dem Weg zurück zum Auto nur geheult. Ich fand es auch irgendwie befremdlich, ein anderes Geschlecht in meinem Bauch zu tragen (klingt jetzt blöd).
Irgendwann in der Schwangerschaft dachte ich dann: „Dann wird es halt ein großer Bruder für die kleine Schwester, so wie bei uns“ (mein Bruder ist 3 Jahre älter als ich).
In der 2. Schwangerschaft war mir (anders als bei der ersten) total übel, daher dachte ich, dass es diesmal ein Mädchen sein muss.
Das Ergebnis des Prenataltests wurde mir dann am Telefon übermittelt…Ich habe es äußerlich mit Humor genommen, hatte aber echt dran zu knabbern und habe viel geweint.
Alle in meinem Umfeld wussten, dass ich ein Mädchen haben wollte, daraus hatte ich auch nie ein Geheimnis gemacht. Und alle reagierten daher natürlich mit Mitleid (Oh, nein! Ach, du Arme!), was es nicht wirklich einfacher machte. Mein Mann und meine Familie freuten sich, nur meine Schwiegermutter reagierte mit: Ach, schade, ich hatte mir immer ein Mädchen mit Locken gewünscht! Sehr einfühlsam…
Gefreut habe ich mich trotzdem auf das Kind (ich muss dazu sagen, dass ich vor der 2. Schwangerschaft eine Fehlgeburt in der 9. Woche hatte, was natürlich einiges bezüglich „Hauptsache gesund“ gerade rückt), wenn auch etwas verhalten und ich musste mich an den Gedanken echt gewöhnen (und die Namensfindung für einen 2. Jungen fanden wir beide wirklich schwer)!
Noch heute bin ich neidisch auf alle Frauen mit Mädchen, schiele in jeden Kinderwagen und vor allem bei der Kombi Junge/Mädchen versetzt es mir einen Stich. Das ist irgendwie immer noch das „Optimum“ in Deutschland… Die Reaktion im Umfeld, wenn man mit dem gleichen Geschlecht nochmal schwanger ist (egal ob 2 Mädchen oder 2 Jungs), ist immer etwas zögerlich.
Sind Mamas und Töchter sich automatisch näher?
Ich habe mich immer als Mädchenmama gesehen, bin selber durch und durch und sehr gerne eine Frau. Ich wusste nicht so recht, was ich mit einem Jungen anstellen soll.
Dabei geht es aber weniger um „rosa Kleidchen kaufen und Zöpfe flechten“, was viele Frauen so oft sagen, sondern ein Mädchen wäre mir einfach näher gewesen. Ich habe selber zu meiner Mutter ein sehr enges, freundschaftliches Verhältnis, das habe ich mir für mich selber immer gewünscht. Später mit meiner Tochter Kurztrips zu machen, shoppen zu gehen etc.
Mit einem Mädchen wäre ich nicht in der Unterzahl zuhause, es würde sich ausgeglichener anfühlen. Wenn sie mit meinem Mann einen „Männerausflug“ machen, wenn sie sich kaputtlachen, weil jemand gerülpst/gepupst hat, sich darüber streiten, welcher Superheld der Stärkere ist oder wenn sie einfach soooo wild sind, dass es mir manchmal zu viel wird. Ich puzzle, bastel und male z.B. gerne, da kann ich bei meinen Jungs nur bedingt punkten ;-).
(Im Übrigen bewundere ich alle Jungsmamas (mit oft mehr als 2 Jungs, z.B. Claudia von wasfürmich), die damit überhaupt kein Problem haben und das wunderbar finden. Ich wäre auch gerne so!!!)
Auch denke ich, dass eine Oma mütterlicherseits meist sehr viel mehr Anteil an den Enkeln hat als die Mutter des Vaters.
Ich selbst besuche mit den Jungs regelmäßig meine Eltern, fahre mit ihnen in den Urlaub etc. Meine Schwiegermutter sieht die Kinder max. 3x im Jahr, obwohl sie in der Nähe meiner Eltern wohnt (was auch mit der schwierigen Beziehung zu meinem Mann zu tun hat – dazu später).
Ein drittes Kind bekommen wir nicht, mein Mann möchte keins mehr und auch ich muss sagen, dass ich mit den 2 Jungs und ohne Familie vor Ort mehr als gut ausgelastet bin. Außerdem bin ich nun schon 40, man sollte das Glück nicht herausfordern. Und was sollte ich einem 3. Jungen sagen – dass es ihn gibt, weil Mama noch ein Mädchen haben wollte?!?
Gott sei Dank haben viele meiner Freundinnen auch Jungs (selbst meinen Freundinnen habe ich kein Mädchen „gegönnt“, obwohl auch sie so gerne eins gehabt hätten), erst heute waren wir zu dritt mit 6 Jungs unterwegs, das ist schon lustig.
Inzwischen sehe ich auch Vorteile an der Kombi Junge/Junge. Wir können Klamotten und Spielzeug nutzen, die Jungs spielen super zusammen und haben trotz 3 Jahre Altersunterschied die gleichen Themen und Interessen, sie sind sich sehr nahe, teilen sich ein Zimmer und verstehen sich wirklich gut. Für die Jungs ist es gut so, und auch mein Mann meinte letztens, er sei froh, dass wir Jungs haben, da wüsste er wenigstens, wie sie ticken…
Mit meinem Mann kann ich über das Thema übrigens nicht sprechen, er kann den (so großen) Wunsch nach einem Mädchen nicht nachvollziehen und bügelt das Thema sehr schnell ab. Er ist da eher von der Sorte „Hauptsache gesund“.
In 20 Jahren: bei gemeinsamen Besuchen kochen, einen Whiskey trinken und sich nahe sein
Daher habe ich im letzten Jahr mit einer Therapeutin darüber gesprochen, weil mich das Thema nicht loslässt und ich nicht mehr darüber grübeln will. Dabei kam raus, dass ich aus eigener Erfahrung die Mutter-Tochter-Beziehung sehr hoch stilisiere und hingegen die Mutter-Sohn-Beziehung recht negativ einstufe.
Mein Bruder und auch mein Mann (beide 40+) haben kaum eine bzw. eine schlechte Beziehung zu ihren Müttern, sind genervt, wenn sie anrufen „müssen“ und haben sich einfach nichts zu sagen.
Die Psychologin erzählte mir, dass heute durch eine andere Art von Erziehung (geschlechterneutraler als in den 70ern/80ern) die Bindung von jungen Männern zu ihren Müttern oft ganz anders sei (sie also durchaus gerne zuhause anrufen, viel Wert auf ihre/die Meinung ihrer Mutter legen, mit Mama nen Kaffee trinken gehen etc.).
Inzwischen denke ich, dass ich einer Tochter recht viel aufgebürdet hätte (so zu sein, wie ich sie gerne hätte). Es ist ja nicht gesagt, dass sich immer eine enge Freundschaft zwischen Mutter und Tochter entwickelt, wie das bei mir der Fall ist. Ich habe Freundinnen, die haben kaum Kontakt zu ihren Eltern/Müttern, obwohl sie inzwischen selbst Kinder haben.
Insofern hoffe ich einfach, dass meine Söhne mich in 20 Jahren gerne besuchen kommen, wir zusammen kochen und nach dem Essen den ein oder anderen Whiskey trinken werden und sie mir (und ich ihnen) gefühlsmäßig immer nahe sein werden.“