Oben ohne im Freibad für alle
Im vergangenen Jahr erhielt eine Person ein Hausverbot für ein Schwimmbad in Göttingen, weil sie sich dort oben ohne sonnen wollte. Die betroffene Person weist weibliche Geschlechtsmerkmale auf, identifiziere sich aber nicht als Frau. Mit Verweis auf die Badeordnung wurde sie dennoch des Schwimmbads verweisen. Nicht ohne rechtliche Folgen. Wie freizügig in Deutschlands Schwimmbädern gebadet werden darf, beschäftigt seitdem Justiz, Politik und Gesellschaft.
Bekleidungsvorschriften haben Tradition. Seit jeher wurde Frauen per Regelungen vorgeschrieben, wie sie sich beim Baden zu kleiden haben. In den 50er und 60er Jahren gab es Bikini-Verbote in Bädern und an Stränden, die erst Anfang der 70er im Zuge der Studentenbewegung und damit einhergehenden sexuellen Befreiung aufgehoben wurden.
Fallen jetzt 90 Jahre später fast alle Hüllen?
In den Schwimmbädern in Göttingen dürfen nun alle Badegäste zumindest am Wochenende ohne Oberkörperbekleidung baden. Die neue Regelung ist ein Testlauf bis einschließlich August dieses Jahres und Ergebnis langer Diskussionen über männliche und weibliche Brüste. Unter der Woche bleibt es aber beim Schwimmbadbetrieb mit Oberteil. Es ist nur ein Etappensieg, denn damit dürfen nicht männliche Personen an fünf von sieben Tagen nicht baden, wie sie gerne möchten.
Im Kern geht es um die Frage: Warum darf die männliche Brust zu sehen sein, die weibliche aber nicht?
Bundesweit gründen Menschen Bewegungen, die ein Oben-ohne-Recht für alle Menschen fordern – zumindest für die Orte, an denen sich auch Männer mit nacktem Oberkörper zeigen dürfen. Es geht dabei um nicht weniger als Geschlechtergerechtigkeit und die Entsexualisierung des weiblichen Körpers.
Jedes Individuum sollte grundsätzlich möglichst frei entscheiden können, wie es sich in der Öffentlichkeit zeigt – ob Mann, Frau oder nicht binäre Person. Erst durch den Zwang zum Verstecken und Verhüllen werden bestimmte weibliche Körperteile zu einer Art „verruchter Zone“. (Öffnet in neuem Fenster) Auch wenn viele Männer eine nackte weibliche Brust für erotisierend halten, dürfe das nicht bedeuten, dass man sie öffentlich verstecken muss, aus Angst vor instinkt getriebenen Männern, die beim Anblick einer Brust schnell übergriffig werden. Aufgabe sei…