Es ist später Nachmittag, das Thermometer zeigt 43 Grad Celsius. Die aufgestaute Hitze des Tages legt sich langsam über den in das Licht der früh untergehenden Abendsonne getauchten Fußballplatz der malischen Hauptstadt Bamako. Die Sonnenstrahlen bilden stets das einzige Flutlicht für die Frauen, die gerade von der Schule, ihrer Familie oder ihrem Nebenverdienst herbeigeeilt sind. Während einige von ihnen sich die in Mali hergestellte Sheabutter in die Nasenlöcher reiben, um später nicht allzu viel von dem aufgewirbelten Staub einzuatmen, schnüren andere noch einmal ihre auch im Alltag getragenen „bali galaka” (Bambara: Sandalen) fester. Dann beginnt das zweieinhalbstündige Training für die Frauenmannschaft des AS Real Bamako.
Eine der Spielerinnen ist die 32-jährige Binta Diarra, die seit der Gründung des weiblichen Teams bei AS Real im Jahr 2005 im offensiven Mittelfeld spielt. Sie trägt die Rückennummer „10” und ist seit Kindheitstagen die Spielmacherin. Bereits mit sechs, sieben Jahren lief sie mit den Jungen aus ihrem Viertel zu den offenen Trainingsplätzen, um zu kicken. Sie war nicht nur das einzige Mädchen, sondern auch mit Abstand eine der besten am Ball, was nicht lange unentdeckt blieb. So half Binta als kleines Mädchen ihrer Mutter während Spielen der Männermannschaften beim Verkauf kalten Wassers in eingeschweißten 250ml-Plastiktüten. Die Kleine verteilte dieses an die „Bambinis”, wie die Mutter erzählt, außer wenn Binta das Wasser in der Ecke liegen ließ und selbst eine Runde mit dem Ball über den Platz fegte. Die Trainer der Männer konnten sich so rasch persönlich von Bintas Talent überzeugen und bestärkten sie darin, bei den Jungen mit zu trainieren. Dieser Mut würde sich zweifellos auszahlen. Auch ihre Mutter überredete sie im Laufe der Jahre zum Fußballspielen, obwohl viele von Bintas Freund:innen ihr als kickender Frau kritisch gegenüberstanden. „Man ist das und tut das, was Gott für einen entscheidet”, sagte sie. Bei ihr sei das Fußball.
Ob es Gottes oder Bintas Entscheidung oder gar die der Mutter war, sie war gut. Ob es Mut oder Können war, es wurde belohnt. Mit ihrem Verein spielt Binta fast jede Saison um die Meisterschaft und trotzt dabei jedem Hindernis, sei es den Gegenstimmen oder den schlechten Bedingungen auf malischen Fußballplätzen. Die „bali galaka”, die Sandalen, sind für sie außer in den Meisterschaftsspielen, wo diese nicht erlaubt sind, Normalität. Hat eine Spielerin kein Geld für Stollenschuhe, leiht eine andere ihr das eigene, einzig weitere Paar oder bekommt ein eigenes über Solidaritätsbeiträge der Kolleginnen finanziert. Dennoch spielen viele weiterhin in den offenen Schuhen. Im seltenen Fall, dass Geld übrig bleibt, wird dieses für die medizinische Ausstattung wie Bandagen oder Kühlsprays genutzt. Oder auch für die heiß begehrten Vitamin-Brausetabletten, die es allerdings nur im absoluten Notfall von der Mannschaftsärztin, einer Medizinstudentin, für verletzte Spielerinnen gibt. Ansonsten kommt auch hier wieder einmal…